Junge Autoren gesucht!

Frau Kinskofer wird begrüßtAm 30. Juni 23 besuchte die Schriftstellerin und Drehbuchautorin Frau Lotte Kinskofer unsere beiden 9. Klassen.

Frau Kinskofer stammt aus Langquaid, ist promovierte Germanistin, hat dazu noch Anglistik und Kommunikationswissenschaft studiert und lebt und arbeitet schon lange in München. Sie hat bereits zahlreiche Kinder- und Jugendbücher sowie eine Reihe von Kriminalromanen (auch über Regensburg) verfasst und ist bzw. war auch als Drehbuchautorin für einige bekannte Fernsehserien wie „Dahoam is Dahoam“, „Sturm der Liebe“ und „Lindenstraße“ tätig.

Berufsorientierung auf dem Dorf

Gleich zu Beginn gelang es Frau Kinskofer, einen Draht zu den Mädchen herzustellen, denn sie beschrieb sehr genau, dass es in ihrer Kindheit in Langquaid nicht gerade der selbstverständliche Weg gewesen sei, an den Beruf der Autorin zu denken. Auf dem Dorf waren die Berufsbilder klar umrissen, neben den verschiedenen Handwerks- und Ausbildungsberufen gab es noch den Lehrer, den Arzt und den Pfarrer. Da blieben für ein Mädchen, das sich sehr früh sicher war, dass es einmal etwas mit Schreiben machen möchte, gar nicht so viele Möglichkeiten. Und so entschied sich Frau Kinskofer für ein Studium in München, um Journalistin zu werden. Das Bücherschreiben ist ihre eigentliche Leidenschaft, doch wollte sie sich breiter aufstellen und durch eine Fortbildung zur Drehbuchautorin gelangte sie zum Fernsehen. Nun fährt sie zweigleisig und die Serie „Dahoam is Dahoam“ bietet ihr tatsächlich die Möglichkeit, erstmals auch ihr Bayrisch gewinnbringend einzusetzen, nachdem es ihr bis dahin nie etwas genützt hatte. Die Begeisterung für ihre Arbeit als Schriftstellerin und Drehbuchautorin klingt klar durch, als sie eine „Berufsempfehlung“ abgibt, betont, dass Autoren für Drehbücher und sogenannte Skripted Reality Serien (z.B. Formate wie Bares für Rares) oder im Gaming-Bereich extrem gesucht sind, und gleich Aspiranten anwerben will: „Möchte schon jemand Autorin werden?“

Themen ihrer Bücher

Weiterhin plauderte sie aus dem Nähkästchen und verriet den Schülerinnen, dass sie sehr viel Material und Themen für ihre Bücher aus der Zeitung bekommt. So floss beispielsweise der Fall Maddie, der monatelang die Medien beherrschte, in ihren Roman „Schwarzer Schnee“ ein, in welchem sie eine 15-Jährige verschwinden lässt. Für dieses Thema führte sie auch Gespräche mit der Polizei, um Vorgehensweisen bei mutmaßlicher Kindesentführung zu recherchieren.

Für ihren Roman „Aufgeflogen“ war ein Zeitungsbericht aus Hamburg wegweisend, in welchem beschrieben wurde, dass eine Schülerin, die ohne Papiere in Deutschland lebte, das beste Abitur der Stadt absolviert hatte. Daraus entstand ihre Hauptfigur Isabelle, die in einen Mordfall verwickelt wird und untertauchen muss, weil sie illegal in Deutschland lebt. Für die weiteren Recherchen über Menschen ohne Papiere und wie sie ihr Leben unter dem Radar der Behörden organisieren müssen, arbeitete Frau Kinskofer mit der Initiative Café 104 in München zusammen, die ein Zentrum für Menschen mit ungesichertem Status aufgebaut hat.

Für „Spring in den Himmel“ beschäftigte sich die Autorin mit psychischen Erkrankungen wie dem Borderline-Syndrom und verarbeitete ihre Gedanken in der Geschichte einer Mädchenfreundschaft. In dem Thriller Roman „Wach auf und schrei“, in welchem ein Mädchen nach einem Bergunfall im Koma liegt und allmählich der Verdacht aufkommt, dass es gar kein Unfall gewesen sei, geht es um das Thema Stalking und Übergriffigkeit.

Neben den Inspirationen und Recherchen gibt es jedoch manchmal auch Vorgaben vom Verlag, der, ähnlich wie in einer Reizwortgeschichte, Schlagworte vorgibt und so die Thematik in eine bestimmte Richtung lenken kann. Ebenso spielt auch die Arbeit mit den Lektoren eine nicht zu unterschätzende Rolle. Der Autor liefert ein Exposé, doch sowohl beim Verlauf der Geschichte als auch beim Titel spricht der Lektor mit, macht Änderungsvorschläge und gibt Anregungen.

Lesung aus „Aufgeflogen“

Autorin in AktionAls Frau Kinskofer die zentralen Stellen aus „Aufgeflogen“ vorliest, wo berichtet wird, wie Isabelle, unmittelbar nachdem der Hausmeister tot aufgefunden wurde, mit Hilfe ihres Freundes Christoph untertaucht, schlägt sie die Mädchen sofort in ihren Bann. Denn, da sie keine Papiere hat, kann Isabelle nicht mit der Polizei sprechen, weil sie Gefahr läuft, mit ihrer Mutter des Landes verwiesen zu werden. Auch Christoph musste erst verstehen lernen, mit welchem Geheimnis Isabelle leben muss…

Fragen an die Autorin

Ein echtes Highlight waren die Fragen der Schülerinnen, die Frau Kinskofer mit viel Humor und Selbstironie beantwortete. Sie berichtete sehr ehrlich, dass schlechte Rezensionen sie schon etwas kränkten, weil man eben doch auch viel Persönliches in einem Buch preisgebe und sie sich bei Jugendbüchern stets von ihren Nichten und Neffen beraten ließe. Ihre drei Wörter der Selbstbeschreibung – humorvoll, unmäßig und fleißig – ergänzt sie nachher noch um ein nettes „ungeduldig“ und erklärt damit sogleich, warum ihre Schwester ihr vom Beruf der Lehrerin immer abgeraten habe. Am Ende verrät Frau Kinskofer noch ein Detail, das viele Schülerinnen verwundert: am schwersten falle es ihr, romantische Szenen zu schreiben, die nicht abgedroschen und gewöhnlich klingen. Das war auch mit ein Grund dafür, dass sie sich nach etlichen Jahren für „Dahoam is Dahoam“ und gegen eine Weiterarbeit bei „Sturm der Liebe“ entschieden hat.

Das neue Buch

Auch verrät sie noch, dass sie bereits an einem neuen Roman arbeitet, der vor ca. 100 Jahren in Regensburg spielt. Die Stadt war damals noch sehr katholisch und die Nazis brachten keinen Fuß auf den Boden, weil der Stadtrat von Zentrumspartei und BVP dominiert wurde. In dieser Situation kommt eine Frau zu Tode – und es muss geklärt werden, ob es ein Selbstmord oder ein Mord an einer „Volksverräterin“ ist. Wir sind alle schon sehr gespannt und hoffen, dass uns Frau Kinskofer vielleicht in ein paar Jahren mit einem neuen Buch wieder besuchen kommt. Herzlichen Dank, es hat uns wirklich sehr gefallen!